Inspiration
Die Bibel erzählt von der Beziehung zwischen Gott und den Menschen. Jeder Mensch ist von Gott in die Fülle der Schöpfung gestellt. Diese Lebensfülle darfst du mit den dir geschenkten Fähigkeiten und Leidenschaften gestalten. Neben dieser allgemeinen Berufung berichtet die Bibel auch von speziellen persönlichen Berufungen, die Botschaft Gottes in Wort und Tat zu verbreiten. Wenn du genauer hinschaust, ist keine Berufung der anderen gleich. Gott geht individuell auf jede*n einzelne*n ein, sodass sich ein faszinierendes Spektrum ergibt.
Berufung als Gottesbegegnung (AT)
Durch die Berufung ist jeder Mensch einzigartig und mit unverlierbarer Würde ausgestattet. Daher ist Berufung niemals menschengemacht, sondern erfolgt immer durch Gott – sei es durch eine direkte Gottesbegegnung oder vermittelt (durch einen Propheten). Die Berufung durch Gott erfolgt auf vielfältige Weise: Er ruft, ermutigt, befähigt; er wählt aus, gibt Perspektive und sendet. Dabei ist die göttliche Berufung immer auch mit einem Auftrag verbunden. Wie die Berufungswege Gottes, so sind auch die Reaktionen der Berufenen sehr verschieden: Neben der freiwilligen Zustimmung (Jesaja) und einem zupackenden Handeln (Elischa) gibt es auch Flucht (Jona), Einwände (Mose, Jeremia) und einen Prozess des Erkennens, wer ruft (Samuel). Bei all den verschiedenen Berufungserzählungen wird doch ein gemeinsames Ziel deutlich: Gott will alle Menschen in Liebe und Barmherzigkeit zu sich führen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben – hier liegt das letzte und oberste Ziel aller Berufungen.
Zum Weiterlesen:
Abraham: Gen 12,1-4 | Mose: Exodus 3-4 | Gideon: Richter 6,11-24 | Samuel: 1 Samuel 3 | David: 1 Samuel 16,1-13 | Elischa: 1 Könige 19,16-21 | Jesaja: Jesaja 6 | Jeremia: Jeremia 1 | Ezechiel: Ezechiel 1-3 | Amos: Amos 7,15 | Jona: Jona 3-4
Berufung als Prozess der Nachfolge Jesu (NT)
Im Neuen Testament ist die Berufung immer mit der Person Jesu verbunden, entweder weil Jesus selbst als Berufender auftritt (Evangelien) oder weil der Gott Jesu Christi als Ursprung der Berufung beschrieben wird (Apostelgeschichte und Briefe). Diese Form der Berufung richtet sich an einzelne, an die Jünger*innen und an die zwölf Apostel, auch wenn sich die Botschaft vom Reich Gottes an alle Menschen wendet. Der Ruf zur Nachfolge hat mit einem Auftrag zur Verkündigung zu tun. Diese erfolgt mehr in der Lebensgestaltung als im bloßen Wort. Das Leben in der Nachfolge Jesu soll sichtbar und erfahrbar werden lassen, dass das Reich Gottes schon im Hier und Jetzt erfahrbar ist. So sind Motivation und Ziel der Berufung in den neutestamentlichen Erzählungen identisch mit den alttestamentlichen.
Zum Weiterlesen:
Taufe und Berufung Jesu:
Matthäus 3,13-17 | Markus 9,1-11 | Lukas 3,21-22
Berufung durch Jesus:
Matthäus 4,18-22 | Matthäus 9,9 | Markus 1,16-20 | Markus 2,14 | Lukas 5,1-11
Lukas 5,27-28 | Johannes 1,35-51
Berufung des Paulus:
Apostelgeschichte 9,3-9 | Apostelgeschichte 22,6-11 | Galater 1,13-17
Sendung und geistliche Berufe (in) der Kirche
Jeder Mensch ist von Gott einzigartig und wunderbar geschaffen und berufen. Die Berufung jedes Christen hat auch Anteil an der Sendung der Kirche – gerade auch in den Unterschieden hinsichtlich Lebensform und Tätigkeitsbereich.
Innerhalb dieser umfassenden Berufung zum Mensch- und Christsein gab und gibt es in der Kirche besondere Sendungen. Grundlage für eine Sendung (in) der Kirche ist die Fähigkeit zur Verantwortung für das eigene Leben, für die Kirche und für die Welt. Dieses Fundament hat seine Mitte im Du zu Gott. Es wird gestärkt im Hören/Lesen der Bibel, im persönlichen und gemeinschaftlichen Gebet, in menschlichen Beziehungen, in der Übernahme konkreter Verantwortung und in der Reflexion des eigenen und des gesellschaftlichen Lebens.
Zum Miteinander der vielfältigen Sendungen (in) der Kirche gehören auch geistliche Berufe (Priester und Ordenschrist*innen). Menschen, die sich auf diesen Weg berufen wissen, leben ergänzend zu den bereits genannten Grundlagen die sogenannten evangelischen Räte (Armut, Gehorsam, Ehelosigkeit).
Der Heilige Geist und die inneren Stimmen
Jeder Mensch ist von Gott einzigartig und wunderbar geschaffen und berufen – unabhängig davon, ob ich ein explizit christliches Weltbild habe oder nicht. Das ist ermutigend und herausfordernd zugleich, da die Stimme des Heiligen Geistes nicht immer klar von unseren eigenen inneren Stimmen zu unterscheiden ist.
Führt der Wunsch / der Gedanke / die Entscheidung / der Handlungsimpuls / diese Glaubensüberzeugung:
- in die Weite oder in die Enge/Angst?
- in die Gemeinschaft oder in die Einsamkeit?
- in die Klarheit oder die Verwirrung?
- in die Freiheit oder in die Abhängigkeit?
- in den Trost oder die Trostlosigkeit?
- in die innere Fülle oder in die Leere?
- in die Freude oder in die Bedrückung?
- in die Liebe oder die Lieblosigkeit?
- in die Gottesnähe oder Gottesferne?
- in das bessere Verstehen der Botschaft Jesu?
Diese Fragen können für dich eine Hilfe sein, die inneren Stimmen besser zu unterscheiden und der lebensfördernden Dynamik des Heiligen Geistes in deinem Leben mehr Raum zu geben.